Auf den insgesamt 1.300 Quadratmetern vor dem Leutascherhof summt, brummt und zirpt es in einer Miniaturlandschaft, an der man sich nicht satt sehen kann. Zwischen Hügeln mit verschiedenen Blumenwiesen liegt ein großer Naturteich. Die artenreiche Hecke wird in Zukunft nicht nur den Sichtschutz zur Straße hin bieten, sondern auch Nähr- und Nistplatz für Vögel sein. Durch das kleine Paradies führen leicht begehbare Wege, die von Hotelgästen und Passanten genützt werden sollen. Franz Straubinger erzählt heute mehr zur Entstehung dieser einmaligen Gartenlandschaft:
Servus Franz, was waren die Herausforderungen für den Naturgarten am Leutascherhof?
Eveline und Christian Wandl sind dem Thema natürliche Landschaftsgestaltung gegenüber sehr aufgeschlossen. Sie haben mir bei der Planung viel Freiheit gelassen, es gab nur wenige Vorgaben. Was mir besonders gut gefallen hat war die Idee, den Naturgarten nicht nur Hotelgästen zugänglich zu machen. Hier wird echte Begegnung zwischen Urlaubsgästen und Einheimischen ermöglicht, der Garten des Hotels wird zum Lebensraum für alle.
Was macht diesen Naturgarten für Pflanzen und Insekten so lebenswert?
Wir haben auf der Fläche eine große Vielfalt an Pflanzen verwenden können. Du siehst hier Blumenwiesen, die besonders im Juni bunt blühen, aber auch Magerrasen und die Wildsträucherhecke, die im Laufe der Jahre hoch und dicht wachsen wird. Solitärbäume spenden Schatten, Trockenmauern sowie wassergebundene Wege und Plätze sind gern besuchte Refugien für Spezialisten wie Wildbienen. Die Trockenmauern haben wir aus regional vorkommendem Muschelkalk errichtet, während wir für die Terrasse bereits vorhandene Pflastersteine wiederverwendet haben.
Was ist das Besondere an wassergebundenen Wegen und Plätzen?
Du siehst hier weder Asphalt noch Bitumen, sondern so etwas wie eine Forststraße. Diese Wege werden mit einer Mischung aus Kies angelegt, der vom Sandkorn bis zu fingernagelgroßen Stücken alle Größen enthält. Die Mischung wird aufgebracht und mit Wasser sowie einer Rüttelplatte oder Walze verdichtet. Die feinen Teilchen wandern nach unten und verkeilen sich. So entsteht eine versickerungsoffene, aber belastbare Fläche, die Regenwasser aufnehmen kann – hier passiert keine Flächenversiegelung! Das Besondere ist, dass viele Wildbienenarten diese verdichteten Flächen aus Kies als Heim- und Brutstätte schätzen. Auch der schüttere Bewuchs im Garten ist für Wildbienen überaus interessant.
Welche Tiere leben in einem solchen Naturgarten?
Zunächst einmal muss man wissen, dass zwei Drittel aller Insekten aktuell stark gefährdet sind. Sie haben sich im Lauf der Zeit auf bestimmte Futterpflanzen spezialisiert, die sie in der landwirtschaftlich stark genützten Umgebung einfach nicht mehr finden. Im Naturgarten bieten wir ihnen genau diese Futterpflanzen – allesamt heimische Wildpflanzen – an. Neben Käfern und Schmetterlingen fühlen sich verschiedene Vogelarten, aber auch Eidechsen und wasserliebende Frösche und Kröten wohl. Mal sehen, was sich im Leutascherhof-Naturgarten alles ansiedelt.
Kann ein Garten auch von einem Bioverband zertifiziert werden?
Ja, der Naturgarten am Leutascherhof ist beim Verband Bioland zur Zertifizierung eingereicht und wir warten freudig auf das positive Ergebnis. Das ist wirklich eine konsequente Weiterentwicklung des bereits zertifizierten BIO Hotels Leutascherhof! Menschen und Tiere können sich hier in einem weitgehend belastungsfreien Umfeld an einem Naturgarten erfreuen, der wohl der Pflege bedarf, in dem Pflanzen aber auch ungezähmt wachsen dürfen. Da braucht es Fingerspitzengefühl und Liebe zur Natur, um die Balance zwischen Wildnis und Kultur zu finden. Im Juni, wenn alles blüht, schaut ein Naturgarten sehr ansprechend aus. Im Herbst und Winter, wenn die trockenen Pflanzenstängel stehen bleiben, um Insekten ein Winterquartier zu bieten, wirkt es manchmal etwas wild – aber wenn man versteht, was die Idee dahinter ist, wird man den Naturgarten auch dann schön finden.
Was sind für dich die Punkte, die einen Naturgarten ausmachen?
Erstens ist es die Verwendung von heimischen Wildpflanzen, denn diese bilden die Basis unseres Ökosystems. Wir pflanzen möglichst viele verschiedene Pflanzenarten an unterschiedlichen Standorten. Blumensäume, Hecken, Teich – das alles trägt zur Arten-, Standort- und Strukturvielfalt bei. Auch Blumentöpfe, Pflasterfugen und Balkonkästen beziehen wir in unser Pflanzkonzept mit ein. Wichtig ist es, dass nachhaltige und naturverträgliche Materialien verwendet werden: Chinesischer Granit oder PVC sind No Go’s im Naturgarten. Nicht zuletzt sollen sich junge und alte Menschen gleichermaßen wohlfühlen, daher sind Spiel- und Rückzugsräume, Begehbarkeit und Möglichkeit zur Naturbeobachtung essenziell.
Der Leutascherhof-Naturgarten ist ja ganz „jung“ – wo kann ein schon gewachsener Naturgarten besichtigt werden?
Ganz in der Nähe des Leutascherhofs durfte ich beim Naturpark-Infozentrum Scharnitz vor mittlerweile sechs Jahren eine Spielplatzfläche als Naturfläche planen und entwickeln. Dort kann man sehen, wie sich ein solcher Garten über mehrere Jahre hin entwickelt. Was mich besonders freut ist die Tatsache, dass ich auch das Museum inhaltlich mit aufbauen durfte. So entstand eine intensive Verbindung zur Region, die ich nun mit dem Naturgarten am Leutascherhof erneut aufleben lassen konnte.
Kontakt:
NATURGRÜN
Franz Straubinger, M.A.
Badstraße 19, 82515 Wolfratshausen
Bayern
Tel.: +49 (0) 1578 6065 498
E-Mail: naturgruen@posteo.de
Web: https://naturgruen.net/